Im Herbst 2024 plant OpenAI die Vorstellung eines neuen Projekts mit dem Codenamen „Strawberry“, das als Nachfolger des ursprünglich als AGI ("Artificial General Intelligence") gehandelten Projekts Q-Star präsentiert wird. Die Erwartungen sind groß, doch wie realistisch ist es, dass Strawberry den Weg zur echten AGI ebnen kann?
Was wissen wir über Strawberry?
Bisher gibt es nur begrenzte Informationen über den genauen Aufbau und die Funktionsweise von Strawberry. Bekannt ist, dass das neue Modell insbesondere im Bereich mathematischer Aufgaben glänzen soll – eine Herausforderung, an der bisherige große Sprachmodelle (LLMs) regelmäßig gescheitert sind. LLMs, wie sie etwa in ChatGPT verwendet werden, vervollständigen Sätze basierend auf Wahrscheinlichkeiten. Bei mathematischen Problemen führt dieser Ansatz oft zu falschen oder ungenauen Ergebnissen, da sie nicht wirklich „rechnen“, sondern auf Basis gelernter Muster Wahrscheinlichkeiten extrapolieren.
Strawberry soll laut ersten Berichten jedoch in der Lage sein, mathematische Aufgaben zu lösen, die es nie zuvor gesehen hat. Es scheint, dass die KI hierbei die Aufgaben in kleinere Teile zerlegt und effizient bearbeitet. Wie genau dies funktioniert, bleibt bisher unklar. Erste Gerüchte deuten darauf hin, dass Strawberry bereits erfolgreich bei Mathe-Benchmarks abgeschnitten hat und somit einen potenziellen Fortschritt in diesem Bereich darstellt.
Die Skepsis bleibt
Trotz dieser beeindruckenden Leistungsfähigkeit bin ich sehr skeptisch, ob Strawberry tatsächlich die langerwartete AGI verkörpert. Ein häufiges Argument: Die Fähigkeit, mathematische Probleme zu lösen, ist nur ein kleiner Teil dessen, was eine echte AGI ausmacht. Echte allgemeine Intelligenz würde erfordern, dass ein System in der Lage ist, autonom zu planen, zu schlussfolgern und kreative Lösungen für völlig neue Probleme zu entwickeln – und das ohne externe Hilfsmittel.
Bisherige LLMs, einschließlich das bereits getestete Q-Star, neigen dazu, bei komplexeren Aufgaben zu versagen, insbesondere wenn es um Planen oder kreatives Schlussfolgern geht. Zwar können sie mathematische Aufgaben durch die Integration von spezialisierten Programmen (sogenannten Computer Algebra Systemen, CAS) lösen, aber sobald echtes logisches Denken erforderlich ist, zeigen sie ihre Grenzen. Diese Modelle können mathematische Probleme nicht vollständig eigenständig lösen, sondern verlassen sich oft auf externe Hilfsmittel.
Hier liegt der Knackpunkt: Eine echte AGI müsste in der Lage sein, Aufgaben wie komplexe Berechnungen ohne externe Programme zu bewältigen. Menschen benutzen zwar auch Taschenrechner, doch sie verstehen die Grundlagen der Berechnung und könnten sie im Notfall selbst durchführen – im Gegensatz zu aktuellen KI-Systemen.
Was kann Strawberry noch?
Neben seinen mathematischen Fähigkeiten soll Strawberry auch in der Lage sein, komplexere Aufgaben wie die Entwicklung von Marketingstrategien zu übernehmen. Zudem wird spekuliert, dass es „tiefe Recherche“ betreiben kann, also möglicherweise in der Lage ist, umfangreichere und präzisere Informationen zu sammeln und zu analysieren als aktuelle Modelle. Diese Fähigkeiten würden Strawberry potenziell zu einem mächtigen Tool für Unternehmen machen, die auf Automatisierung setzen.
Interessant ist auch, dass Strawberry in nationale Sicherheitsbehörden der USA eingeführt wurde. Das Modell soll zudem in der Lage sein, synthetische Daten zu generieren, die für das Training anderer KI-Modelle genutzt werden könnten, wie zum Beispiel für das ebenfalls kommende „Orion“-Sprachmodell (GPT-5). Dies könnte OpenAI helfen, die Entwicklung ihrer Modelle weiter zu beschleunigen und die Abhängigkeit von externen Datenquellen zu verringern.
Jedenfalls spannende Zeiten im Erdbeerland!
Comments