top of page

Maschinen zahlen keine Steuern!

Egal was ich zur Zeit tue, das Thema KI ist in meinem Leben nicht mehr nur beruflich omnipräsent. Am Stammtisch, beim Hausaufgaben machen, beim Mittagessen, beim zufälligen Kennenlernen, beim Check-In im Hotel: KI ist Teil des Wortschatzes geworden. Natürlich hat das indirekt auch mit meinem Beruf zu tun - aber es beschäftigt viele und mehr und mehr Menschen merken, dass das mehr ist als nur ein bissi ChatGPT.


Ich selbst profitiere natürlich von dieser Tatsache, weil ich mich schon früh mit dem Thema beschäftigt habe und mir ein wenig meine Allgemeinbildung und Wissen noch aus meiner Zeit als IBM/Lotus-Consultant hier sehr zu gute kommt.


Am meisten aber fasziniert mich, wie sorglos manche Unternehmer und vor allem auch unsere politische Nomenklatura mit diesem Thema umgeht. Und jetzt rede ich nicht mal von den fehlenden Investitionsanreizen und Rechenzentren, sondern davon, dass sich unsere Gesellschaft wandeln wird! Immer mehr Maschinen werden zeitnah viele unserer Jobs übernehmen; das ist ein Fakt keine Utopie!

Es bringt gar nichts, sich mit der Illusion zu beruhigen, dass sicher nicht alles digitalisiert wird, was theoretisch digitalisierbar ist. Das stimmt zwar – aber es lenkt vom eigentlichen Problem ab. Natürlich wird nicht die Hälfte der Arbeitsplätze verschwinden. Vielleicht sind es „nur“ 20 %. Doch selbst das hätte dramatische Folgen. Stelle man sich vor, in Österreich würden 20 % der heutigen Jobs wegfallen – das wäre ein anderes Land. Ein anderes Klima. Politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich. Die Spannungen, die dadurch entstehen, wären gewaltig. Und genau das muss man einrechnen, wenn man über Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz spricht.


Ebenso wenig hilfreich ist der Satz, dass neue Jobs entstehen werden. Natürlich werden sie das. Big Data-Analysten, Virtual Reality-Designer, auch werden mehr Menschen in der Pflege arbeiten – aber inwiefern ist das ein Trost für jemanden, der heute in einer Bank, im Büro, im Bus oder in der Produktion arbeitet und morgen seinen Job verliert? Es reicht eben nicht, ihm zu sagen, er könne sich einfach weiterbilden oder umlernen. Die Realität sieht anders aus: Die Menschen, die ihre Arbeit verlieren, sind in der Regel nicht dieselben, die später die neu entstehenden Jobs besetzen. Der Arbeitsmarkt ist kein Nullsummenspiel, in dem sich alles irgendwie neu verteilt.


Es geht nicht nur um Zahlen. Es geht um Menschen, Biografien, soziale Sicherheit – und um Vertrauen in das System. Deshalb ist auch die Frage, ob unter dem Strich mehr oder weniger Jobs existieren, gar nicht die zentrale Frage. Die zentrale Frage ist: Wie wird die Gesellschaft in den nächsten zwanzig Jahren aussehen? Und ja – natürlich können wir das nicht empirisch genau vorhersagen. Jede Studie zeigt andere Zahlen. Jede Prognose rechnet mit anderen Parametern. Aber wir können – und wir müssen – uns ein Bild machen.


Wir können Szenarien entwerfen. Wir können durchdenken, was plausibel, wahrscheinlich oder zumindest möglich ist. Und dieses ungefähre Bild brauchen wir, um vorbereitet zu sein. Denn eines ist sicher: Wir stehen vor einer Zeit voller Turbulenzen. Viele Beschäftigungsverhältnisse werden verschwinden. Und wir dürfen nicht in Panik verfallen – wir brauchen verdammt gute Ideen, wie wir damit umgehen.


Die Politik darf sich nicht damit herausreden, dass man ohnehin nichts Genaues weiß. Sie muss sich mit der Frage beschäftigen, wie ein System aussehen kann, das auch ohne die klassische Erwerbsarbeit funktioniert. Denn Maschinen zahlen keine Steuern. Sie zahlen nicht in die Pensionskasse ein. Sie zahlen keine Krankenversicherung. Und vor allem: Sie konsumieren nichts. Das aber ist das Rückgrat unserer sozialen Absicherung. Wenn Erwerbsarbeit massiv wegbricht, bricht auch das bisherige Finanzierungsmodell unseres Sozialsystems zusammen. Das weiß eigentlich jeder und trotzdem fehlt der große Plan, wie man diesen Wandel abfedert. Da beschäftigt man sich lieber mit Migration, Förderungen, Barrierefreiheit, Arbeitszeitreduktion, Wahlen usw.


Ein möglicher Weg ist das Grundeinkommen für jeden Einwohner. Nicht als ideologische Spielerei, sondern als realistische Antwort auf eine veränderte Welt. Ein Betrag von aktuell vermutlich um die € 1.500 im Monat für alle – unabhängig von Arbeit oder Arbeitslosigkeit (Hinweis: Bereits jetzt haben viele Menschen in unserem Land übrigens kein Einkommen aus Erwerbsarbeit - Pension, Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe, Karenz - nur um die 4 wichtigsten zu nennen)! Mit dem Grundeinkommen, würden man das Leben außerhalb klassischer Erwerbstätigkeit nicht nur absichern, sondern gesellschaftlich aufwerten. Und vor allem würden wir den Konsum stabilisieren – ein entscheidender Faktor in einer Wirtschaft, die davon lebt, dass Menschen Geld ausgeben.


Wie ist das finanzierbar? Vielleicht nicht sofort. Aber über einen anderen Weg der Besteuerung – nämlich nicht mehr primär Steuer auf Arbeit, so wie unser System aktuell konzipiert ist, sondern Steuern auf Kapital- und Finanztransaktionen. In Deutschland liegt das jährliche Volumen der Finanztransaktionen bei rund 240 Billionen Euro. Wenn man konservativ davon ausgeht, dass Österreich fünf Prozent dieses Volumens abbildet, sind das bei uns rund 12 Billionen Euro. Eine Steuer von nur einem Prozent auf diese Summe würde nicht nur das Grundeinkommen finanzieren, sondern in wenigen Jahren auch den Staatshaushalt ausgleichen. Dafür müsste man allerdings das Finanzsystem regulieren – und genau da wird es politisch heikel. Jetzt brauchen wir nur noch ein Parlament, das sich das den Banken und Börsen zu befehlen getraut!

Aber das ist die entscheidende Aufgabe der nächsten Jahre. Es reicht nicht, auf Digitalisierung und Automatisierung mit technologischem Optimismus zu reagieren. Wir brauchen ein neues Gesellschaftsmodell. Eines, das mit weniger Erwerbsarbeit auskommt, soziale Sicherheit gewährleistet und trotzdem Zukunft bietet. Und je früher wir anfangen, darüber zu reden – mit klaren Worten, konkreten Ideen und dem Mut zur Veränderung – desto besser!

 
 
 

コメント


bottom of page